Das Ende der Geschichte

1989 veröffentlichte der amerikanische Politologe Francis Fukuyama ein Buch mit dem Titel: „Das Ende der Geschichte“. Das war damals ein ziemlicher Renner, den sich viele Politiker auf den Nachttisch legten. Die Kernthese besagt, dass die sogenannte liberale Demokratie, sprich das US-amerikanische System, sich als endgültiger Sieger im Kampf der Systeme erweist und sich über die gesamte Welt ausbreiten wird, womit ein Endzustand der Menschheit erreicht und der Entwicklungsprozess der Geschichte zum Abschluss kommen wird. Totalitarismus, wie er in Form der beiden großen totalitären Systeme des Kommunismus und Nationalsozialismus/Faschismus noch in lebendiger Erinnerung ist, würde final scheitern. Mann, hat der sich geirrt!

Aber um dieses Buch geht es gar nicht. Es geht um das Ende der Geschichte im Sinne der Erzählung des Vergangenen als Teil der kulturellen Selbstverständigung von Völkern, um das Erinnern ihrer Wurzeln und Traditionen. Diese Betätigung hat vor allem im 19. und 20. Jhd. eine große Bedeutung gehabt, und dies hat sich auch im Bildungssystem abgebildet. Geschichte hat dort eine große Rolle gespielt. Diese Rolle wird in Deutschland immer mehr zurückgedrängt und verengt auf Aspekte wie Holocaust, Nationalsozialismus, Kriegsschuld und Kolonialismus, die ganz bestimmt niemanden zur Identifikation mit dem eigenen Land ermuntert und auch gewiss keine Integrationsneigungen befördern.

Hier trifft sich zweierlei: Zum einen ist die Geschichte im Wesentlichen erzählt. Wenn heute ein Buch über deutsche Geschichte erscheint, so ist das weniger ein erzählendes Werk als ein Fachkommentar für Historiker untereinander. Die Zeit jener Bücher, die einfach nur darstellen, wie es gewesen ist, ist längst vorbei. Die sind geschrieben. Es geht heutzutage um oftmals nur geringfügige Perspektivenwechsel und kleinteilige Korrekturen. Sodann schwindet die Fähigkeit, sich in vergangene Mentalitäten hineinzuversetzen. Manchem Historiker käme das vielleicht sogar unwissenschaftlich vor, so als müsste die historische Wissenschaft möglichst rein quantifizierend vorgehen wie eine Naturwissenschaft, und sich vor Literatur und einfühlender Phantasie hüten.

Das trifft auf eine geringe allgemeine Neigung des Publikums, ein 50, 80 oder gar 120 Jahre altes Buch zu lesen. Die soliden darstellenden Werke verschwinden vom Markt. Das ist der eine Aspekt. Schon deswegen ist mit einem Verdämmern der Geschichtskenntnisse zu rechnen. Das bildet sich auch in unserer Regierung der letzten 50 Jahre ab, mit den entsprechend verheerenden Folgen: Schmidt und Kohl waren ausgewiesene Historiker und noch Joschka Fischer hat sich autodidaktisch eine ziemlich solide historische Bildung angeeignet. Mit Merkel war es dann vorbei. Diese Frau hat wahrscheinlich kaum mehr als den DDR-Schulgeschichtsunterricht erfahren, hatte aber keinen blassen Dunst von der Materie. Aber sie wagte immer wieder Sätze wie: „Die Geschichte hat immer wieder gezeigt, dass…“ Natürlich war das stets leeres Gerede, denn sie wusste, dass nie jemand nachhaken würde. So behauptete sie auch einmal,  auch die Geschichte des Römischen Reiches hätte gezeigt, dass Abschottung kein gutes Konzept sei. Au weia!

Über die aktuelle Regierung brauche ich natürlich kein Wort zu verlieren. Deren Bildungsmisere ist schlicht katastrophal.   

Doch jetzt kommt der wichtigere Grund für meine Analyse: Jenen Meinungsmanipulateuren und Sozialingenieuren, welche permanent bemüht sind, unter dem Vorwand des Guten und des Fortschritts an unserem Gedankenhaushalt zu schrauben, ist Geschichtsbewusstsein ein Dorn im Auge. Geschichte, das heißt für einen einzelnen oder für eine Gesellschaft: Selbstvergewisserung, Identitätsbildung, Wurzeln schlagen und vertiefen. Und das könnte jedoch, o Graus, Patriotismus befördern. Aber keinen kränklichen Verfassungspatriotismus, wie der blutleere Habermas ihn empfiehlt, sondern eine lebendige und selbstbewusste Verbundenheit mit dem eigenen Land. Das ist für die Beförderer des Globalismus aber genau das, was es zu verhindern gilt, gemäß der Unterscheidung zwischen den sogenannten Somewheres und den Anywheres (also denjenigen, die in einer Heimat verwurzelt sind, und denjenigen, die kein Zuhause kennen, und denen es egal ist, an welchem Ort sie ihrem kapitalistisch-hedonistischen Treiben nachgehen können).

Sporadisch kann man solche Tendenzen, den Unterricht in nationaler Geschichte zurückzudrängen, bereits wahrnehmen, und zwar auch befördert durch Organisationen die die UNESCO oder die EU. Der Unterricht der nationalstaatlich erzählten Geschichte soll einer regionalen Geschichtserzählung („Europa“) weichen, was in der Kulturgeschichte noch irgendwie möglich ist, aber in der politischen Geschichte ein völlig blödsinniges Projekt darstellt, weil es nur auf einer Abstraktionsebene darstellbar ist, für die man schon halber Profihistoriker sein muss. Und ob das jenseits der dahinterstehenden politischen Erziehungsabsicht überhaupt ein kulturell und wissenschaftlich vernünftiges Projekt ist, soll hier mal offen bleiben.

An diesem Punkt möchte ich ein größeres Bild malen.

Langsam dämmert es in einigen Beobachtern des aktuellen Wahnsinns, dass derzeit ein unglaubliches Arsenal von Maßnahmen und Tendenzen am Werk ist, welches vor allem auf die Kinder gerichtet ist und dort zündet: Wir Alten sind viel zu gefestigt, um den Irrsinn nicht abschütteln zu können, aber Kinder sind folgenden Einflüssen ausgesetzt:

Da ist zum einen die geradezu perfide Dauerbeschallung mit Angstmacherei und Weltuntergangshysterie: Corona („du wirst deine Oma umbringen“), Klima („Wir haben noch 13 Jahre“), die Rechten („die wollen die Demokratie abschaffen“).

Dann gibt es Bestrebungen, Selbstfindungsprozesse und Identitätsbildung zu torpedieren, dazu gehören der Kampf gegen Geschlechterrollen und die traditionelle Familie, die Auflösung von Geschlechteridentität mit 72 Geschlechtern, die Genderideologie und der Hype um Trans, die Verteufelung des Konzepts eines Volks (das Wort „völkisch“ ist in kürzester Zeit zur Bezeichnung schwerer Gedankenverbrechen geworden), die Kriminalisierung von Patriotismus („coole Kids haben kein Vaterland“), das Schüren von Misstrauen gegen das eigene Volk, deren selbsterklärte Eliten sich selbst ständig in die Büßerpose werfen. Dazu gesellt sich noch der Untergang der christlichen Religion.

Die Kinder sind von Drohungen des Vorwurfs und der sozialen Ächtung umzingelt, von den bereits oben genannten anagefangen außerdem von solchen Bezichtigungen wie mit Rassismus, Homophobie, Islamophobie, toxischer Männlichkeit, und das ist noch lange nicht alles. Wer seine Wut über den ganzen Irrsinn in den Sozialen Medien rauslässt, bekommt Zensur zu spüren, und von Frau Künast den schwachsinnigen Slogan an den Kopf: Hass ist keine Meinung. Wie irre alles ist, das kann man schon daran sehen, welches hysterische Feuerwerk an Hass und Schreierei im Bundestag losgeht, wenn eine Sahra Wagenknecht oder Beatrix von Storch die ganze Geistesgestörtheit des „Selbstbestimmungsgesetzes“ auf den Punkt bringen. 

In den USA, wo entsprechende Untersuchungen angestellt wurden, gehen bei Kindern zwischen 10 und 17 die Depressionen und Angststörungen dramatisch in die Höhe, und das ist überhaupt nicht verwunderlich.

Noch nie hat eine junge Generation ein solches Feuerwerk an Angriffen auf die Identitätsbildung erlebt wie die jetzige. Die Eltern sind im höchsten Maße gefordert, hier gegenzusteuern, und den Anker zu bieten gegen Medieneinfluss, Politik und Bildungssystem.

Das Gespenstische daran ist die völlige Gleichgerichtetheit dieser Einflüsse, die sämtlich auf Angst, Verunsicherung, Verhinderung von Identitätsbildung und Verwurzelung zielen und damit eine Generation hervortreiben, die zu einem relevanten Anteil hilflos den Machenschaften der Gesellschaftskonstrukteure ausgeliefert sein wird, die am nächsten Totalitarismus arbeiten, in dem nie jemand die Verantwortung für die Katastrophen hat, die er anrichtet. Der aber zuverlässig daran arbeitet, ganz nach chinesischem Modell, Kollektivierung und Gleichschaltung, Freiheitsbeschränkung und Kontrolle maximal zu optimieren.

Das ist eine Pervertierung des menschlichen Potentials. Es ist kaum noch besser als in einer Legebatterie. Warum lassen sich Menschen das gefallen?

Um den Bogen wieder zurück zu spannen: Das Geschichtsbewusstsein ist ein Baustein im Gefüge eine soliden Identität, und ich greife etwas voraus, wenn ich dessen Niedergang ankündige. Er wird kommen. Und wie die letzten Jahrzehnte gelehrt haben, geht Niedergang oftmals ziemlich rasant.        


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