Wokeismus vs. Verteidigung der Freiheit

Wer das Treiben der woken Linken für längere Zeit beobachtet, dem offenbart sich das immergleiche Muster, in dem es agiert. Das Wort woke ist noch gar nicht so alt, aber in kürzester Zeit von einer Selbstbeschreibung zu einer Art Schimpfwort geworden. Ähnlich erging es dem Vorgängerbegriff Political Correctness (PC). Es gibt anscheinend jenseits der durch die Medien verordneten Meinung doch eine öffentliche Meinung, die ein bisschen genervt ist von dem ganzen Getue.

Vor ein paar Jahren hatte PC Konjunktur und wurde auch oft kritisiert oder lächerlich gemacht. Seine Befürworter behaupteten, seine Gegner wollten nur auf dem Recht bestehen, Minderheiten beleidigen zu dürfen und im Grunde sei PC nur ein anderes Wort für Höflichkeit. Was natürlich beides falsch ist. Wenn es nur ein anderes Wort für Höflichkeit wäre, dann bräuchte es PC als neuen Begriff nicht. Aber PC ist eben etwas anderes: Im Unterschied zu Höflichkeit ist PC eine strafbewehrte Verpflichtung auf einen bestimmten Sprachgebrauch. Strafbewehrt, soweit eine soziale Ächtung im Einzelfall eben durchführbar ist. Höflichkeit dagegen ist nicht strafbewehrt, sondern Ausdruck guten Benehmens, und Unhöflichkeit ist kein politisches Vergehen.

Der Begriff „woke“ erweitert das Programm von PC noch um die Thematik Klima und Geschlechtervielfalt und Veganismus und Umwelt und überhaupt. Begriffe wie Gutmensch, politically correct und woke gehen nahtlos ineinander über mit nur wenig Verschiebung des Fokus. Es ist stets dasselbe Milieu, das beschäftigt ist mit der Sau des Tages, welche gerade durch das Dorf getrieben wird. Ob Frauenquoten, „Willkommenskultur“, Gendersprache, Transhype, Klimaparanoia, Impfpflicht – es sind immer dieselben, die das forcieren und sich damit als die Guten positionieren.

Zwei Fragen stellen sich in dem Zusammenhang:

Erstens: Wer oder was ist der Antagonist dieser ganzen Bestrebungen?

Zweitens: Welches Bewusstsein treibt die Verfechter dieser Bewegungen an und was ist ihre Belohnung?

Fangen wir mit der zweiten Frage an:

Die Belohnung ist das Gefühl, zu den Guten zu gehören, auf der richtigen Seite zu stehen und dies in einem Massenerlebnis, aufgehoben in einem „Wir sind mehr“. Zudem enthebt es jeglicher Aufforderung zum Selberdenken. Das ist erkennbar an der Phrasenhaftigkeit, mit der die Standpunkte gerechtfertigt werden. Sie sind gerechtfertigt, indem sie innerhalb des Milieus, in dem man sich bewegt, anerkannt sind. Fertig.

Niemand kann begründen, warum Migration eine gute Sache sein soll. Ebenso wie niemand begründen kann, inwiefern Frauenquoten für die Allgemeinheit oder für die betreffenden Institutionen einen Nutzen haben.

Der Wokeismus und wie seine Geschwister und Analogien alle heißen, arbeitet immer nach dem gleichen Schema. Stets geht es um die angebliche Förderung von etwas Gutem, wonach die Betroffenen gar nicht gefragt haben. Er kommt immer im Gewand der besten Absichten daher: Rücksichtnahme, Akzeptanz, und vor allem: nie jemanden „verletzen“ dadurch, dass man sich zum Beispiel auf Normalität bezieht. Die Auswüchse dessen sind grotesk und allseitig bekannt. Jüngst haben sich irgendwelche Leute dafür stark gemacht, die Vagina als „Bonusloch“ zu bezeichnen, um Transgenderfrauen mit Penis nicht „zu verletzen“. Natürlich ist das nur eine bizarre Anekdote, und diesen Leuten gehört einfach mal der Mund mit Seife ausgewaschen, das wär‘s. Aber dennoch ist es kein Einzelfall, und es illustriert, wie weit die geistige Verwirrung voranschreitet.

Die EU ist unser Fachamt für Wokeismus und schlägt in dieselbe Kerbe.    

Solidarität, Sicherheit, Schutz vor XYZ, das und noch viel mehr sind die Schlagworte, mit denen das Gute durchgesetzt werden soll, nach dem niemand gefragt hat. Die wichtigsten Wörter dabei sind „wir“ und „gemeinsam“.  Dass dabei immer jemand der Tonangeber ist und die anderen entweder die treudoofen Mitläufer oder, falls sie nicht mitlaufen, der Paria, fällt dabei leicht unter den Tisch.

Die ganzen Maßnahmen haben immer einen Preis, und eins ist immer dabei: Die Freiheitlichkeit der individuellen Lebensführung.

Und damit sind wir bei der ersten Frage: Der Haupt-Antagonist der genannten Strömungen ist die Freiheit. Die Welt als ein staatskontrollierter Safe-Space für Sonderlinge, Vulnerable, Apokalyptiker und Sprachregler: Das schlägt jeder Vorstellung von Freiheit ins Gesicht.

Wer aufmerksam beobachtet, der stößt immer häufiger auf Äußerungen zum Thema Freiheit, die von höchster Bedenklichkeit sind.

Robert Habeck zum Beispiel hat ein äußerst heikles Verhältnis zur Freiheit. Er beklagte mal in einem Interview, dass viele Bürger Freiheit so verstünden, dass sie vom Staat in Ruhe gelassen würden. Er nannte diese Einstellung später „ein pervertiertes Freiheitsverständnis“.

Wenn wir einen Verfassungsschutz hätten, der sein Salz wert wäre, dann würde er hier mal genauer hinschauen.

Seine Sympathien für das chinesische System hat Herr Habeck ja auch schon mal bekundet in einem Gespräch mit Richard David Precht.

Jüngst hat eine linke Politikerin die Konzepte „Freiheit“ und „Selbstverantwortung“ verurteilt und mit Egoismus und Unsolidarität identifiziert (Quelle leider nicht mehr auffindbar).

In Corona-Zeiten wurde „Freiheit“ durch den Plural „Freiheiten“ ersetzt und durch die Obrigkeit umdefiniert von einer zentralen Ausgangskategorie von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu einer Genehmigung, wenn keine höherrangigen Angelegenheiten dagegen sprechen.

Aus Interviews mit Jugendlichen in Deutschland und den USA ist bekannt, dass sie dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit zunehmend skeptisch gegenüber stehen, weil sie immer stärker vereinnahmt sind von den Ideen des Minderheitenschutzes, der Rücksichtnahme, des Antirassismus etc.

An der zentralen Idee der Freiheit, dem Leuchtturm der politischen Philosophie der Neuzeit, wird wieder geknabbert. Noch vor 25 Jahren wäre das im Westen undenkbar gewesen, und nun schleicht sich ein Geist heran, der Freiheit in Misskredit bringt und mit niederer, egoistischer und asozialer Gesinnung in Verbindung bringt.

Der Wokeismus ist das Vehikel dafür.

Die gesamte woke Bewegung entstammt keinem konkreten Anlass, keinem konkreten Missstand oder einer historischen Rechtfertigung sondern schießt wie ein Pilz aus dem Boden oder wie ein Krebsgeschwür  in der Prostata.

Entgegen seiner Behauptung vertritt er nicht vorrangig die Interessen benachteiligter Gruppen, die nie nach Vertretung gefragt haben – sie hätten es ja auch selbst machen können. Vielmehr ist er ein Unternehmen der pauschalen Eingrenzung, der Gleichschaltung, der Gängelung im Namen eines vorgeschobenen „Guten“, welches sich als nichts anderes erweist als ein offener Feind der Freiheitlichkeit.

So ungebildet und verblendet muss man erst einmal sein, dass man nach Jahrhunderten der Tradition der Aufklärung frei mit asozial assoziiert.

Dieser ganze Trend ist irre, aber er ist real. Es ist ernst. 


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