Supervenienz ist eine Art Verzweiflungskonzept des harten Materialismus, das über den Status von Spekulation nie hinausgelangt.
Der Materialismus lässt sich charakterisieren durch drei metaphysische Hypothesen, die miteinander verknüpft sind (Hans-Dieter Mutschler)
- Das Materieprinzip: Das ist die Behauptung, dass sämtliche Ereignisse des Universums auf einer physikalischen Grundlage beruhen. Physikalische Objekte und Naturgesetze sind demnach die letzte und einzige ontologische Basis alles Existierenden.
- Das Prinzip von der kausalen Geschlossenheit der Welt: Alle Prozesse des Universums sind durch ein lückenloses Netz kausaler Verknüpfung miteinander verbunden. Die Physik ist diejenige Wissenschaft, welche die kausalen Verbindungen eruiert. Das schließt auch statistische Ereignisse wie Zerfall von Atomen etc. ein.
- Das Supervenienzprinzip: Es behauptet einen Schichtenaufbau der Wirklichkeit, wobei beim Eintreten bestimmter Komplexitätsgrade und Strukturen neue Eigenschaften der Gegenstände sich ausprägen können, ohne dass diese unmittelbar vorhersehbar oder aus den Eigenschaften einer „tieferen“ Ebene direkt abgeleitet werden können.
Mir ist kein Versuch bekannt, eine Aufzählung solcher Schichten konkret durchzuführen, also ein Schichtenmodell der Wirklichkeit zu erstellen, außer solch groben Schemata wie Physik – Chemie – Biologie – Bewusstsein.
Die Supervenienzhypothese, mit der das Konzept der Emergenz eng verwandt ist, bewegt sich immer noch im Problemfeld des physikalischen Reduktionismus, welcher einst die Durchführbarkeit der Reduktion aller Phänomene, von Kunst und Religion bis hinunter auf die Physik postuliert hatte. Diese Theorie konnte leider nicht liefern und wird in Reinform heutzutage wohl nur noch selten vertreten. Das Konzept der Supervenienz sollte einen Ausweg aus der Bredouille darstellen, ist aber letzten Endes auch nur eine Art Black Box. Auf eine verborgene Art und Weise soll die Transformation einer physikalischen Basis in nichtphysikalische Phänomene wie Leben und Bewusstsein sich vollziehen. Hier entlastet sich der Materialismus von seinem gescheiterten Anspruch des physikalischen Reduktionismus. Vermutlich hat das spektakuläre Scheitern der Ankündigungen aus der Hirnforschung, wie sie um die Jahrtausendwende vorgetragen wurden, nämlich zur Aufklärung der Frage, wie das Bewusstsein aus dem Gehirn entsteht, zur Verbreitung dieses Konzepts beigetragen. Es bleibt aber eine metaphysische Spekulation, bar jeder empirischen Evidenz. Bereits eine ihrer Grundannahmen, dass sich die Welt bottom-up gebildet hat oder aus Schichten besteht und rekonstruiert werden kann, also von den Materieteilchen aufwärts zu immer größerer Komplexität, ist eine metaphysische Spekulation außerhalb jeglicher empirischer Belegbarkeit.
Obwohl Supervenienz ein metaphysisches Konzept darstellt, wird sie vornehmlich von Naturwissenschaftlern verbreitet. Eins von etlichen Beispielen dafür, wie innerhalb der Naturwissenschaften Unklarheit herrscht über den Unterschied zwischen empirischen und metaphysischen Theorien.
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