Die Stoiker haben Kataloge erstellt mit Tugenden und Lastern, und letztere in 4 Kategorien eingeteilt, nämlich solche, die durch Begehren (Gier) angetrieben sind oder durch Furcht (Feigheit), und diese jeweils kombiniert mit der Form der Anwesenheit (Gegenwart) oder der Erwartung (Zukunft). Ein mit Schokolade vollgeschlagener Bauch oder in Bündel Geldscheine in der Tasche suggeriert die Anwesenheit des Guten, ist aus Stoischer Perspektive aber schlecht bzw. irrelevant. Entsprechend wird die Furcht vor Gesichtsverlust, wenn man Fehler eingesteht, als die Bedrohung durch etwas Schlechtes betrachtet, während das eigene Ansehen unter den Menschen bestenfalls bedeutungslos ist.
Hier geht es nun um drei von den Stoikern als Laster eingestufte Gefühlsreaktionen bzw. Gefühlslagen, was bei so manchem heutigen Zeitgenossen auf Verwunderung oder gar Widerspruch stoßen dürfte.
Erstens: Mitleid
Mitleid wird von den Stoikern als Laster betrachtet, als ein leerer Reflex, der zu nichts gut ist und, wo der dem Objekt des Gefühls schon nicht hilft, einem selbst schadet. Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Stoiker legten großen Wert auf Hilfsbereitschaft und sie strebten nach einer Haltung, die gesamte Menschheit als ihre Familie zu betrachten, aber nicht per naiver Deklaration wie moderne linksgrüne Aktivisten, sondern durch innere Arbeit. Wegen dieser Einstellung hat man sie oft mit den Christen verglichen und beiden Bewegungen Verbindungen nachgesagt (was allerdings nicht stimmt).
Mitleid ist keine Voraussetzung dafür, zu erkennen, wo Hilfe gefordert ist und diese zu leisten. Der Arzt darf sich nicht in Mitleid engagieren, sondern muss schlicht tun, was zu tun ist.
Zweitens: Verwirrung
Verwirrung ist ein Zustand, in dem der rationale Überblick verloren gegangen ist. Dieser Zustand mag als Durchgangsstadium in Zusammenhang einer Krise integraler Bestandteil eines Transformationsprozesses sein. Als Dauerzustand ist er jedoch als Versäumnis, als Versagen und mithin als Laster zu betrachten, denn die klare Urteilskraft ist entscheidender Bestandteil der Stoischen Lebenshaltung. Sie muss errungen werden, und zwar durch eigenes Bemühen und eigene Einsicht, und nicht durch Übernahme fremder Meinungen.
Drittens: Verzweiflung
Verzweiflung ist der Kollaps der Zuversicht, ein Zustand der Hilf- und Ratlosigkeit, und geht insofern mit der Verwirrung einher. Aus stoischer Perspektive ist Verzweiflung nicht etwas, das einen von außen überfällt, sondern ist Ausdruck des Sich-Klammerns an Güter, die vom Verlust bedroht oder verloren sind, und denen eine falsche Bedeutung zugemessen wird.
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