Was ist das „Reich Gottes“ im Evangelium?

„Reich Gottes“ ist der zentrale Begriff innerhalb der „Botschaft“ von Jesus, der Inhalt seiner Verkündigung, sprich: des Evangeliums (= die Gute Botschaft). Er bezieht sich auf eine nur in der Religion angesprochene Sphäre, welche NOTWENDIG (also religions“logisch“) unfassbar bleibt. Diese Sphäre und das dahinein  Verortete lässt sich nicht in der Erfahrungswelt der Alltagswirklichkeit auffinden noch wird sie diese in jene verwandeln. Nur in einem Zustand der Verklärung lässt sich darauf überhaupt Bezug nehmen.

Das scheint das eigentliche religiöse Ereignis zu sein, wenn die Gehalte, welche in dieser Sphäre wohnen, dem Religiösen in der Versenkung gleichsam innerlich aufscheinen, wie es außer „Reich Gottes“ ebenso „Rechtfertigung“, „Erlösung“, „Gnade“, „Trinitas“ und andere darstellen.

Jedes verstandesmäßige Begreifenwollen scheitert oder führt in eine triviale innerweltliche Ersatzform (wie zum Beispiel eine friedliche, menschliche Gesellschaft, in der für alle Sorge getragen wird). Und ebenso falsch ist es, diese Sphäre in einem schlechthinnigen Jenseits anzusiedeln, ohne konkrete Wirksamkeit im Leben des Einzelnen.

Im Evangelium sorgt Jesus für diese Verortung durch ein doppeltes Sprechen vom Reich: Einerseits als ein nahendes, historisch bevorstehendes, in dem die Seligpreisungen der Bergpredigt Wirklichkeit werden, und welches allein von Gott herbeigeführt wird (und worum im Vaterunser gefleht wird).

Und andererseits als etwas in seiner Person aktuell Anbrechendes, als etwas durch seine Jünger und Nachfolger durch das Leben aus Glauben zu Verwirklichendes, wodurch es gleichsam auch zu unserem Werk wird.

Dieser Doppelsinn kann nach keiner Seite aufgelöst werden, ohne dass er umkippt entweder in eine banale Zukunftsprognose oder in eine sprachlich etwas überhöhte moralische Ermunterung.

Somit befindet sich der finale Ort des Reiches Gottes in der Verkündigung Jesu im Zustand der hoffenden Erwartung und des Aufgefordertseins im Geist des Gläubigen. Und dies Ganze eingebettet im Rahmen eines umfassenden mythologischen Dramas, mit einer Welt, die regiert ist von Dämonen und Teufeln, und einem göttlichen, nahe bevorstehenden Endgericht.     

Die hoffende, sehnende Erwartung der gepeinigten Seele findet hier den Ort ihrer Erlösung, wie ihn die Bergpredigt verspricht.

Der Zustand des Nahens und Anbrechens, in dem das Reich Gottes in der Verkündigung Jesu sich befindet, wird niemals überschritten auf seine volle Verwirklichung hin, welche eine in jeder Hinsicht leibhaftige sein müsste. Vielmehr bleibt der Gläubige orientiert auf das Sehnsuchtsverhältnis bei der gleichzeitigen Gewissheit ihres irgendwie schon eingetretenen Sieges. DAS ist das Religiöse, diese Sphäre, die ohne ihre Einbettung zerfällt, im Falle ihres Bestehens aber aufnahmefähig ist für Erwartungen der tiefsten existentiellen Sehnsucht.


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